S2#1 Schafft Big-Tech die Medienbranche ab? (zu Gast Martin Andree/ Autor)
Shownotes
Welche Folgen hat die Dominanz von Tech-Konzernen und was bedeutet das für Medienunternehmen und alle die Medieninhalte produzieren? Martin Andree ist Digital-Experte und forscht zur Macht von Big Tech. Für ihn steht fest: Durch den Einfluss der großen Digitalplayer würde nicht nur die Medienbranche leiden, sondern komplett abgeschafft. Zwar gibt es viele Möglichkeiten im Internet, aber Medienplattformen werden zum "Friedhof".
„Wir sitzen alle im selben Boot, denn wir werden von denselben Mechanismen um die Früchte unserer Arbeit betrogen.“
Marin Andree hat in einem Projekt alle Domains in Deutschland erhoben und ausgewertet, wo Nutzer:innen surfen und wo nicht. Herausgekommen ist eine Erhebung, die es so noch nie gab.
Wie ein fairer Wettbewerb aussieht, welche Konsequenzen gezogenen werden müssen und wie Medien ihrer gesellschaftlichen Aufgabe gerecht werden können, erzählt er im Podcast.
Mehr zu Martin Andree: https://martinandree.com/ Das Buch "Big Tech muss weg" von Martin Andree findest du hier: https://bigtechmussweg.de/
Du hast auch Lust auf Medien oder möchtest eine spannende Innovation vorstellen? Dann besuche uns auf https://www.media-lab.de/de/ und schreib uns!
Transkript anzeigen
00:00:00: Das ist genau das Problem.
00:00:01: Die redaktionellen Medien werden hier im Prinzip trocken gelegt,
00:00:05: weil sie ihre Finanzierungsgrundlage verlieren.
00:00:08: Echte Insights aus der Medienbranche.
00:00:11: Hier sind deine Innovation Minutes,
00:00:13: direkt aus dem Media Lab Bayern.
00:00:16: Hallo und herzlich willkommen bei den Innovation Minutes.
00:00:19: Mein Name ist Sabrina Harper.
00:00:21: Heute spreche ich mit Dr. Martin André.
00:00:24: Er unterrichtet an der Universität Köln,
00:00:28: digitale Medien, und er hat ein Buch rausgebracht.
00:00:31: Das lautet "Big Tech muss weg".
00:00:34: Was er damit meint, das erzählt er uns selber heute im Interview.
00:00:38: Ich freue mich sehr, dass du da bist.
00:00:40: Herzlich willkommen, Martin André.
00:00:42: Hallo, ich freue mich auch. Vielen Dank für die Einladung.
00:00:45: "Big Tech muss weg".
00:00:47: Wie meintest du denn mit "Big Tech"? Die üblichen Verdächtigen?
00:00:50: Ja, auf jeden Fall.
00:00:51: Also, man nennt sie auch Garfarm nach Google, Alphabet,
00:00:55: Meta, Apple und Microsoft.
00:00:59: Also die großen US-Digitalkonzerne, die sind damit gemeint.
00:01:03: Und du meinst damit im Medienkontext,
00:01:06: denn ich möchte so ausdrücken,
00:01:08: du hast das deutsche Internet vermessen und festgestellt,
00:01:12: irgendwie hängen wir alle auf Seiten rum,
00:01:15: die etwas mit diesen Firmen zu tun haben
00:01:17: und weniger auf anderen Seiten.
00:01:19: Und wenn ich das schon mal sofort wegnehmen darf,
00:01:22: du siehst die Pluralität der Medien in Gefahr.
00:01:26: Ganz genau.
00:01:27: Wir haben einmal das ganze deutsche Internet vermessen
00:01:30: in der Mediennutzung.
00:01:32: Wir haben uns angeschaut, diese 10 Mio. Domains, die wir haben,
00:01:35: wie werden die genutzt auf den unterschiedlichen Devices,
00:01:38: die wir verwenden, also auf Smartphone, Tablet, Desktop.
00:01:42: Und haben eigentlich dann auch so eine Art Ranking gemacht.
00:01:45: Und als wir das fertig hatten, sind wir fast ein bisschen vom Hocker gefallen,
00:01:50: weil wir eben gesehen haben, der Traffic ist halt eben extrem konzentriert
00:01:55: auf ein paar Anbieter.
00:01:56: Und dagegen geht eigentlich der Rest fast leer aus.
00:02:00: Und deswegen stelle ich das ja auch auf mein Präsentation
00:02:03: immer sehr plakativ dar, dass man eben ganz am Anfang
00:02:06: hat man diese großen Monopole.
00:02:07: Und dann hat man eigentlich einen riesengroßen Friedhof,
00:02:12: in dem nicht mehr so viel passiert.
00:02:14: Aber ich könnte doch einfach als Nutzer auf andere Seiten gehen.
00:02:17: Das ist genau die Vater Morgana.
00:02:19: Das ist immer auch richtig.
00:02:21: Und übrigens war das auch das Versprechen eines ganz großen Bestsellers
00:02:25: aus dem Jahr 2006 von Chris Anderson "The Long Tale".
00:02:28: Denn es ist ja erst mal völlig offensichtlich.
00:02:32: Und das ist übrigens das Gefährliche, dass wir das denken.
00:02:35: Weil wenn wir schauen, wie die Medien ersetzt werden,
00:02:38: schauen wir uns das an.
00:02:40: Wir haben keine Ahnung, ein paar Hundert, vielleicht 1000 Tageszeitungen,
00:02:43: aber wir haben Zehntausende, vielleicht Hunderttausende von Blogs draußen.
00:02:47: Wir haben vielleicht ein paar Hundert Kanäle im Fernsehen,
00:02:50: aber wir haben Zehntausend Kanäle auf YouTube.
00:02:53: Das heißt, wir würden erst mal denken,
00:02:55: hey, ist doch total cool, die Digitalisierung,
00:02:58: die bringt uns Vielfalt, die bringt uns mehr Angebot.
00:03:01: Und das stimmt auf der Angebotsseite.
00:03:03: Das heißt, es gibt auch diese Millionen Domains,
00:03:06: die wir ja auch vermessen haben.
00:03:07: Das Problem ist nur, dass da kaum jemand drauf ist.
00:03:10: Und jetzt kommt eben der springende Punkt.
00:03:12: Das ist einfach so, weil die Big Tech-Konzernes geschafft haben,
00:03:17: diesen freien Wettbewerb weitgehend auszuschalten.
00:03:20: Das heißt, die Kleinen haben eigentlich gar keine realistische Chance mehr,
00:03:24: gegen die großen Plattformen überhaupt anzutreten und damit zu halten.
00:03:29: Und das ist genau das Problem, was ich eben auch behandle.
00:03:32: Ich hab mein Buch gelesen, und ich glaube, wir müssen klarmachen,
00:03:36: was die Kleinen bedeutet.
00:03:38: Die Kleinen bedeutet nämlich nicht,
00:03:40: so wie du und ich jetzt hier in diesem Podcaststudio sitzen,
00:03:44: sondern die Kleinen sind eigentlich auch recht große.
00:03:47: Ganz genau. Ich zeig das natürlich in meinen Präsentationen,
00:03:51: immer, indem ich durch unterschiedliche Märkte gehe.
00:03:54: Und dann immer zeige ich, das sind die Best of the Best.
00:03:56: Das werden dann z.B. die großen Angebote der Medienhäuser,
00:04:00: ob das jetzt Bild.de ist oder ob das jetzt Spiegel.de ist.
00:04:03: Also, da würde ich eben sagen, auch schon die haben keine Chance.
00:04:06: Oder schauen wir uns eben die Blogger an.
00:04:08: Wir haben also 100 von unabhängigen Website zusammengefasst,
00:04:12: haben uns angeschaut, was sind da die größten Präsenzen?
00:04:15: Wir finden überhaupt nur fünf Blogs in Deutschland,
00:04:17: die eine Netto-Wahlweite über einen Prozent haben.
00:04:20: Dann haben wir uns angeschaut, z.B. Markenkonzerte.
00:04:24: Die haben seit Jahrzehnten 100 von Millionen Euro investiert,
00:04:27: um eigene Domains aufzubauen.
00:04:29: Und die sind ja auch jeden Tag in Kontakt
00:04:32: mit Fichtmillionen Verbänden an.
00:04:33: Die haben das auch nicht geschafft.
00:04:35: D.h. die großen Domains der Markenkonzerte
00:04:38: sind auch in diesem Friedhof.
00:04:40: Die Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
00:04:42: können ja auch nicht mithalten.
00:04:43: Ich könnte jetzt weitergehen.
00:04:45: Die großen Digitalgründungen in Deutschland
00:04:47: können dann nicht mithalten.
00:04:48: Die e-Commerce-Alternativen zu Amazon können da nicht mithalten.
00:04:53: D.h. eigentlich egal, welchen Bereich und welches Feld
00:04:57: wir uns ja anschauen, es gibt da eben diese Winner-Takes-All-Mechanik.
00:05:01: Da gibt es eben die Angebote, die meistens zu dieser Handvoll Konzerne
00:05:05: gehören, die kriegen tendenziell alles.
00:05:08: Und der Rest kriegt halt fast nix.
00:05:10: Ja, haben die besseren Ideen?
00:05:12: Oder warum haben die die Produkte, die die Leute ziehen?
00:05:15: Ja, das ist eben genau die entscheidende Frage.
00:05:18: Und das ist ja die Hauptargumentation in dem Buch,
00:05:21: dass das eben nicht der Fall ist,
00:05:22: sondern hier wirken bestimmte Mechanismen.
00:05:25: Also hier wirken erstmal Netzwerkeffekte.
00:05:27: D.h. dass der Nutzen eines Angebots immer größer wird,
00:05:31: je mehr Menschen das nutzen.
00:05:32: D.h. wenn ich jetzt der erste bin, der so eine Plattform hat,
00:05:35: dann habe ich sofort dieses Winner-Takes-All-Prinzip.
00:05:38: Dann haben diese aber natürlich auch noch verstärkt,
00:05:42: dadurch dass die geschlossene Standards eingeführt haben.
00:05:45: D.h. früher, z.B. im Falle der E-Mail, da hatten wir offene Standards.
00:05:49: Das sehen wir auch übrigens bis heute.
00:05:51: Wir können bei den E-Mails wechseln, von Anbieter zu Anbieter.
00:05:54: Und deswegen gibt es übrigens auch in diesem Markt bis heute
00:05:57: Vielfalt und einen fairen Wettbewerb.
00:05:59: Und man kann auch von einem Anbieter zum anderen schreiben.
00:06:02: Überhaupt kein Problem, ich kann den halt detailen.
00:06:05: Und wir merken sofort, das kann ich halt bei den Plattformen nicht,
00:06:08: aber ich habe auch absichtlich diese geschlossenen Standards eingeführt,
00:06:12: damit wir eben in den Silos der Plattform gefallen bleiben.
00:06:15: Ja, dann gibt es dutzende andere Effekte.
00:06:18: Eins meiner Lieblingsbeispiele sind ja die Akquisitionen,
00:06:21: weil man würde ja eben denken, dass die so innovativ sind.
00:06:24: Aber ich zeige ja auch in dem Buch,
00:06:26: dass genau das Gegenteil der Fall ist.
00:06:28: D.h. in vielen Fällen sind die Big Tech-Konzerne
00:06:31: geradezu erdärmlich schlecht, was Innovationen anbetrifft,
00:06:36: wenn sie sich auf Märkten nämlich mit fairen Wettbewerb umschlagen müssen.
00:06:40: Da scheitern sie häufig.
00:06:42: Denn die meisten Angebote, die ja heute zu ihren Ökosystemen gehören,
00:06:46: die haben sie sicher dazu gekauft.
00:06:48: D.h. das wissen wir alle.
00:06:49: Instagram ist dazu gekauft, WhatsApp ist dazu gekauft,
00:06:52: Android ist dazu gekauft.
00:06:53: Und ich könnte jetzt dutzende andere nennen.
00:06:56: Das ist eben nicht Innovation.
00:06:58: Das waren nicht Leute mit cleveren Ideen,
00:07:00: sondern das ist einfach knallhartes M&A-Geschäft.
00:07:03: Für die Medien bedeutet das also, dass ganze Digitalisieren ist für die Katz?
00:07:08: Es ist nicht für die Katz, aber es ist so,
00:07:11: dass die Angebote der Medienhäuser hier natürlich in einem Wettkampf stehen,
00:07:18: bei dem sie immer massiv benachteiligt sind.
00:07:21: Ich zeige das in meinem Präsentationen auch immer mit so einem 100 Meter Lauf,
00:07:24: wo ich sage, stellt euch vor, eure Wettbewerber,
00:07:27: die dürfen schon auf Meter 80 oder 90 diesen Lauf beginnen.
00:07:31: Und deswegen fällt es ja auch allen so schwer.
00:07:34: Und übrigens ist das auch ein Grund, weswegen es drei geschaut mal.
00:07:37: Das ist nicht nur in der Medienbranche so,
00:07:40: sondern es ist in den anderen Branchen ja genauso der Fall.
00:07:43: Es redet natürlich auch niemand gerne darüber, wie schwer das ist.
00:07:47: Aber es ist dann wieder einfacher, darüber zu reden,
00:07:50: wenn man sieht, hey, das geht doch allen so.
00:07:52: Wir sind gar nicht allein damit.
00:07:53: In der Medienbranche, es geht den e-Commerce-Anbietern genauso,
00:07:57: es geht den Markenartikeln genauso,
00:07:59: es geht den Unternehmen da draußen genauso,
00:08:01: es geht dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk genauso.
00:08:03: Wir sitzen ja alle im selben Boot,
00:08:05: denn wir werden von den selben Mechanismen
00:08:07: eigentlich um die Früchte unserer Arbeit betrogen.
00:08:10: Ein anderer Punkt, der in deinem Buch zu betragen kommt,
00:08:13: ist die Zeit, die man mit Medienkonsum verbringt.
00:08:16: Also der Leser, die Leserin oder was man hört,
00:08:19: was man sich anschaut.
00:08:21: Und zwar ist das ja eklatant weniger
00:08:24: als bei einer Tageszeitung zum Beispiel.
00:08:28: Kannst du uns da nochmal in die Zahlen, Daten, Fakten mitnehmen,
00:08:32: damit wir das alle irgendwie noch mal so präsent haben,
00:08:35: wie damals ich, als ich dieses Buch gelesen habe,
00:08:37: und mir dachte, oh Gott.
00:08:39: Ja, also entscheidend ist übrigens immer, die Nutzen dauern.
00:08:43: Deswegen ist es so irreführend,
00:08:45: wenn wir uns auf Analysen verlassen, wo es um Reichweiten geht.
00:08:48: Weil man hat halt schnell tolle Reichweiten, 40, 50 Prozent Reichweite.
00:08:53: Das Problem ist nur, wenn da halt nur 15 Sekunden,
00:08:56: nur 30 Sekunden im Monat dahinterstehen,
00:08:58: merkt man sofort, dass diese Reichweite eigentlich nichts bringt.
00:09:01: Ich zeig das mal an Beispiel.
00:09:03: Spiegel, den er hatte bei unserer Messung,
00:09:05: eine Reichweite von fast 50 Prozent, das ist richtig viel.
00:09:08: Aber eben nur 18 Minuten im Monat, das ist eben sehr, sehr wenig.
00:09:12: Und da merken wir schon dran,
00:09:13: wie gering dieser Nachrichtenkonsum ist.
00:09:16: So, jetzt muss ich aber auch fairerweise sagen,
00:09:19: ja, es ist richtig, dass wir zum Beispiel früher Zeitungen
00:09:22: viel länger gelesen haben.
00:09:24: Deswegen stehen da diese 38 Minuten im Raum.
00:09:26: Man muss da aber auch ein bisschen vorsichtig sein,
00:09:30: weil das natürlich Befragungsergebnisse sind.
00:09:32: Ob das jetzt 20 oder 30 Minuten sind,
00:09:34: dann in Wirklichkeit, dass sei dahingestellt.
00:09:37: Aber wir merken sofort, dass halt die Nutzungsintensität
00:09:40: eine ganz andere ist.
00:09:41: Wir müssen noch mal darauf zurückgehen auf dein Beispiel mit Spiegel.
00:09:45: Du sagst es so locker daher mit 18 Minuten im Monat,
00:09:48: also ein Monat hat 30 Tage.
00:09:49: Das muss man sich noch mal auf der Zunge zergehen lassen,
00:09:52: was das für den Tag bedeutet.
00:09:54: Das sind 30 Sekunden am Tag im Prinzip.
00:09:56: Und vor allem hier sind ja auch nur die Menschen mitgezählt,
00:10:00: die Spiegel.e war blotzen, das heißt die 50.
00:10:03: Die sind nicht nutzen, sind in diesen 18 Minuten nicht enthalten.
00:10:06: Jetzt werden aber bestimmt einiges sagen.
00:10:09: Ich war auch auf spiegel.de, ich war da nicht nur 30 Sekunden.
00:10:12: Ich hab da schon einen Artikel gelesen,
00:10:14: und das hat länger als 30 Sekunden gedauert.
00:10:17: Das ist eben das Schöne an Wissenschaft.
00:10:19: Das würden wir beim Klimawandel zurückweisen.
00:10:22: Wir würden ja auch nicht sagen, das ist okay, wenn jemand sagt,
00:10:25: ich war vor zwei Wochen noch in der Arktis,
00:10:27: das war alles ganz weiß, ich hab auch zwei Eisbären gesehen.
00:10:31: Sondern das ist ja das Sinnvolle an Wissenschaft,
00:10:33: dass wir eben nicht uns einzelne Anekdoten anschauen,
00:10:36: sondern dass wir hier eine ganzheitliche Messung vornehmen.
00:10:40: Und dass in dieser ganzheitlichen Messung
00:10:42: natürlich auch mit derselben Methode
00:10:43: alle Angebote verglichen werden können.
00:10:46: Und da ist die Faktenlage eigentlich eindeutig.
00:10:49: Und deswegen versuche ich auch immer,
00:10:51: die Anekdoten so zurückzuweisen,
00:10:54: weil Helmut Schmidt ist auch uralt geworden.
00:10:57: Und das zeigt eben leider nicht,
00:10:58: dass es auch nicht gesundheitsschädlich ist.
00:11:01: Wenn ich das noch mal zusammenfasse, was wir gesprochen haben,
00:11:04: dann ist das ja zum einen eben dieser Netzwerkeffekt
00:11:07: und dass man eben bei sehr großen Konzernen
00:11:09: sehr oft absteigt im übertragenen Sinne.
00:11:11: Und das andere ist quasi dieser zeitreichweiten Faktor,
00:11:17: der oft zu Missverständnissen führt.
00:11:19: So, jetzt sitz ich da und denk mir,
00:11:22: für was mach ich denn das alles?
00:11:24: Also, was soll ich denn jetzt machen als Medienhaus?
00:11:27: Protestieren, deswegen sage ich ja auch Aufstand gegen Tech,
00:11:30: wir müssen aufpassen,
00:11:31: weil in meinen Augen ist dieses Rennen
00:11:34: ökonomisch überhaupt nicht zu gewinnen.
00:11:36: Das heißt, ja, wir können das aller als wunderbar bunte
00:11:40: Online-Welt anpreisen.
00:11:42: Und wir können dann auch Inhalte schaffen.
00:11:44: Und wir können sie in die Plattform stellen.
00:11:47: Dann arbeiten wir zum großen Teil eben für die Plattform.
00:11:50: In den häufigsten Fällen machen wir die ganze Arbeit umsonst.
00:11:54: Und der große Anteil der Monetarisierung
00:11:57: bleibt eben bei den Plattformen.
00:11:59: Das heißt, das ist genau das Problem.
00:12:01: Die redaktionellen Medien werden hier im Prinzip trocken gelegt,
00:12:05: weil sie ihre Finanzierungsgrundlage verlieren.
00:12:08: Und das ist ja auch der Punkt, wo ich sage,
00:12:10: das müssen wir sofort abschaffen.
00:12:12: Was heißt denn jetzt "muss weg"?
00:12:14: Also durch Regulation, durch Gesetze,
00:12:17: du sagst das jetzt durch Boycott, wenn ich jetzt an Redaktion denke,
00:12:21: die sehr viele News-Inhalte ausspielen,
00:12:23: zum Beispiel über Tritt-Plattformen, über Social Media,
00:12:26: dass die jetzt sagen, nein, das machen wir nicht mehr.
00:12:29: Also sie möchten ja auch dahin gehen, wo die users sind.
00:12:32: Also es ist schon alles sehr komplex und schwierig zu lösen.
00:12:36: Also erst mal wirklich von meiner Perspektive Formulierung zurückweisen,
00:12:41: wo man sagt, willst du das jetzt staatlich regulieren?
00:12:44: Weil das ist übrigens das Narrativ der Digitalkonzerne.
00:12:46: Die wollen uns immer suggerieren, das Netz ist frei.
00:12:49: Und dann kommen die bösen Leute vom Staat und wollen es regulieren.
00:12:52: De facto ist es ja ganz anders.
00:12:54: Das Netz ist jetzt bereits reguliert.
00:12:56: Es ist auf eine Art und Weise reguliert,
00:12:59: die eben hauptsächlich den Digitalkonzern hilft,
00:13:02: was auch bestimmte Gründe hat.
00:13:04: Denn die Digitalkonzerne waren bei der Entstehung dieser Regulierung
00:13:07: eben auch maßgeblich mitbeteiligt.
00:13:10: Das heißt, wenn ich das mal so sage,
00:13:12: eine feudalistische Regulierung, die wir momentan haben.
00:13:15: Und deswegen sage ich, wir sollten diese feudalistische Regulierung,
00:13:18: die momentan hauptsächlich den Digitalkonzern hilft,
00:13:22: komplett abschaffen.
00:13:23: Wir sollten sie durch eine freie und offene Regulierung ersetzen,
00:13:27: die es auch anderen Unternehmen und nicht nur den Big Tech-Pläern ermöglicht,
00:13:31: einen Auskommen mit ihren Angeboten zu finden.
00:13:34: Und das lässt sich in meinen Augen auch einfach verwirklichen.
00:13:38: Mein Lieblingsbeispiel sind ja die Outlinks.
00:13:40: Sie kennen das aus ihrer eigenen Praxis wahrscheinlich,
00:13:43: wenn sie Inhalte posten, nehmen sie als Beispiel Instagram.
00:13:46: Dann ist es für die Verwenderinnen und Verwendertroßende
00:13:50: gar nicht mehr möglich, auf den Inhalt zu klicken
00:13:53: und die Plattform direkt zu verlassen.
00:13:55: Stellen Sie sich vor, Sie hätten dasselbe beim Kaufhaus.
00:13:58: Sie wollen sich eine Jeans kaufen.
00:14:00: Sie finden nicht direkt die richtige Jeans,
00:14:03: wollen das Kaufhaus verlassen.
00:14:04: Sie können gar nicht mehr das Kaufhaus verlassen.
00:14:07: Das würden wir auch nicht akzeptieren.
00:14:09: Also, nur mal als Beispiel, wir können sofort diese Outlinks befreien.
00:14:13: Wir können sagen, die Plattform haben Dutzende von Privilegien,
00:14:16: aber in die Outlinks dürfen sie nicht eingreifen.
00:14:19: Urheberinnen können Outlinks setzen, wo immer sie das wollen,
00:14:22: auf dem Bild, im Video, im Text.
00:14:25: Und dann ist zum Beispiel der Klick eines Nutzers
00:14:29: auf einen solchen Inhalt,
00:14:31: die Entscheidung, die Plattform zu verlassen.
00:14:33: Genau, wie man eben auch ein Kaufhaus verlässt.
00:14:36: Sie merken nur an diesem einen Beispiel, in meinem Boot sind es Jahr 15.
00:14:39: Wir hätten augenblicklich eine sehr, sehr starke Demokratisierung des Traffics.
00:14:43: Das heißt, Sie hätten dann auch die Chance,
00:14:45: mit tollen und relevanten Inhalten den Traffik zu bekommen,
00:14:49: der Ihnen eigentlich auch zustehen.
00:14:51: Da muss ich einmal Widerspruch einlegen.
00:14:54: Denn als Nächstes wäre ja dann da der Algorithmus.
00:14:56: Also, selbst wenn man diese Links befreien würde,
00:14:59: dann würde eben die Plattform hingehen und sagen,
00:15:02: dann spiele ich eben deinen Inhalt nicht aus.
00:15:04: Genau, jetzt ist aber das Schöne, du hast mein Buch gelesen
00:15:07: und in dem Kapitel, wo ich über die Befreiung der Outlinks spreche,
00:15:11: nehme ich ja genau dieses Thema auch explizit mit ein.
00:15:14: Das heißt, es ist genauso, wie du es sagst,
00:15:17: selbst dort, wo noch so die letzten Chancen vorhanden sind,
00:15:22: Outlinks zu setzen, nutzen die Plattformen
00:15:26: ihre Kontrolle des Maschinenraums dazu,
00:15:29: solche Inhalte dann herunterzuregeln.
00:15:31: Und in meiner Auerung ist das übrigens der Missbrauch
00:15:33: einer marktbeherrschenden Stellung.
00:15:35: Und demnächst sollte es auch genauso behandelt werden.
00:15:37: Das heißt, auch nur der geringste Ansatz einer Plattform,
00:15:43: die solche Posts herunter regelt,
00:15:45: müsste schwere katerreffliche Strafen nach sich ziehen.
00:15:49: Denn erneut, es kann nicht sein,
00:15:51: dass den Plattformen der gesamte digitale Maschinenraum
00:15:55: überlassen wird und eigentlich uns damit
00:15:58: unser Internet abgenommen wird.
00:16:00: Wenn wir jetzt zumindest jetzt in diesem Moment realistisch bleiben,
00:16:06: dann wird wahrscheinlich kein Medienkonzern,
00:16:09: der nicht dazugehört, also eben die Kleinen,
00:16:11: es sich entschließend, das komplett zu boykottieren.
00:16:14: Aber man könnte ja beginnen, einen Weg daraus zu finden.
00:16:17: Vielleicht hat man vielleicht auch schon begonnen.
00:16:20: In der Theorie auf jeden Fall, es wird ja viel darüber gesprochen sind.
00:16:23: Trittplattformen wirklich sehr richtige Ort,
00:16:26: um meine Nachrichten auszuspielen,
00:16:27: oder kann ich was Eigenes machen, wie auch immer.
00:16:30: Was werden jetzt aus deiner Sicht als Experte,
00:16:33: der sich sehr, sehr viel damit auseinandergesetzt hat,
00:16:36: so ein guter Plan mit dieser ganzen Sache umzugehen?
00:16:40: Ich bin wahrscheinlich zu viele Jahre auf diesem Feld unterwegs
00:16:43: und habe hier eigentlich keine Hoffnung.
00:16:46: Das hat einen einfachen Wund.
00:16:47: Ich schaue mir das jetzt seit 15 Jahren an
00:16:49: und ich habe ja auch in meinem Buch
00:16:51: da ein Dutzende von solchen Boykottversuchungen aufgezeigt.
00:16:55: Und wir sehen immer wieder, dass das nicht funktioniert.
00:16:57: Wir haben es letztes Jahr auch bei Twitter gesehen.
00:16:59: Wir sehen sogar, dass in einem Zeitpunkt
00:17:02: 140.000 Menschen aktiv erklärt haben,
00:17:05: ich verlasse Twitter, ich boykottiere dieses Netzwerk,
00:17:08: ich bin raus.
00:17:09: Und man dann nachgeschaut hat, wie viele von diesen 140.000
00:17:13: haben es tatsächlich getan, das waren glaube ich 1,6%.
00:17:17: Und woran liegt das?
00:17:18: Wir können diese Plattformen kaum boykottieren.
00:17:20: Denn wenn wir uns einmal zum Beispiel diese Follower aufgebaut haben,
00:17:25: dann fangen wir irgendwo anders automatisch bei null an.
00:17:28: Das heißt, es ist extrem schwer, um solche Boykotte durchzuführen.
00:17:32: Und die meisten Menschen da draußen sind da auch hoffnungslos
00:17:35: und mit überfordert, um es ganz hart zu sagen,
00:17:37: die haben andere Sorgen, die müssen sich gerade
00:17:40: mit der Inflation rumschlagen,
00:17:41: die wissen vielleicht teilweise gar nicht,
00:17:43: wie sie die Miete haben am Ende des Monats bezahlen sollen.
00:17:46: Das ist extrem schwer, das von den Menschen zu verlangen.
00:17:49: Und deswegen ist ja auch genau mein Ansatz ein anderer.
00:17:52: Mein Ansatz ist ganz klar zu sagen, diese Plattformen
00:17:56: werden ja von uns allen Nutzern und Nutzern gemeinsam
00:17:58: auch erschaffen und erarbeitet.
00:18:00: Und deswegen können die nicht auf eine Art und Weise
00:18:03: allein diesen Big Tech-Konzern gehören.
00:18:06: Wie man die Mediengattung der Vergangenheit haben,
00:18:09: hat man auch nie privat Unternehmen gehört.
00:18:12: Das Fernsehen hat keine einzelnen Unternehmen gehört.
00:18:16: Und selbst als es mal solche Fälle gab, wie zum Beispiel beim Telefon,
00:18:19: da hat man sich damals mit AT&T und Bell dann geeinigt
00:18:25: und hat Lösungen gefunden, wie man diese Mediengattung
00:18:28: eben der Allgemeinheit zur Verfügung steht.
00:18:30: Weil Monopole müssen auf dem Feld der Medien vollständig tabu sein.
00:18:36: Es ist kompletten akzeptabel.
00:18:37: Und deswegen, wo sie existieren, müssen wir sie abschaffen.
00:18:41: Für alle, die mehr wissen möchten,
00:18:43: ich nehme den Link noch in die Show Notes mit rein.
00:18:46: Zu deinem Buch "Big Tech muss weg".
00:18:48: Ich sage vielen, vielen Dank,
00:18:50: dass du es zu mir ins Podcaststudio geschafft hast.
00:18:53: Und wir werden schauen, was die Leute machen nach dieser Folge.
00:18:57: Absolut.
00:18:58: Und ich hoffe natürlich, dass das irgendwann passiert.
00:19:01: Wir werden sie stoppen.
00:19:03: Also, du hast es gehört.
00:19:04: Wie viel Zeit verbringst du eigentlich so auf Medienplattformen im Internet?
00:19:09: Den Link packe ich von Dr. Martin Andre
00:19:13: und seinem Buch noch mal in die Show Notes.
00:19:15: Ich glaube, nach dieser Folge haben wir einiges zum Nachdenken.
00:19:19: Falls du eine Idee hast, wie man mit dieser Thematik umgehen kann,
00:19:23: dann schreib uns doch einfach eine Mail oder schreib mir auf LinkedIn.
00:19:27: Ich freue mich immer, von euch zu hören.
00:19:29: Mein Name ist Sabrina Hafer.
00:19:31: Das war's mit dieser Folge der Innovation Minute.
00:19:34: (Dynamische Musik)
00:19:35: Das waren deine Innovation Minutes.
00:19:39: Direkt aus dem Medialab Bayern.
00:19:41: Du willst mehr?
00:19:43: Dann besuch uns auf mediaminusleb.de
00:19:46: und starte dein eigenes Projekt.
00:19:48: Last but not least.
00:19:50: Dieser Podcast ist möglich,
00:19:52: weil wir tolle Unterstützer und Unterstützerinnen haben.
00:19:55: Besondere Dank geht an die Staatskanzlei Bayern,
00:19:58: die bayerische Landeszentrale für neue Medien, BLM
00:20:01: und natürlich an meine Kollegen und Kolleginnen in der Medien Bayern.
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